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Ein Pfarrer, der nie „Herr Pfarrer“ sein wollte

Luckenwalder Rundschau vom 01.06.2022, Seite 14

Mehr als 15 Jahre lenkte Joachim Boekels von Petkus aus die Geschicke von 16 Dorfgemeinden – Als Ruheständlerkehrt der Ostwestfale nun dorthin zurück, von wo er einst als Teenager Reißaus nahm

 

Von Uwe Klemens

 

Petkus. „Wo ich künftig meine Energie lassen werde, weiß ich noch nicht, aber ich bin für alles offen“, sagt Joachim Boekels. Nach fünfzehneinhalb Jahren verabschiedet sich der als Energiebündel geltende Pfarrer, der sich von Petkus aus um 13 Kirchen und 16 Dorfgemeinden kümmerte, nun in den Ruhestand. Am Sonntag um 14 Uhr wird er von Superintendentin Kathrin Rudolph in der Lichterfelde Kirche feierlich verabschiedet.

 

„Ich hatte keine andere Wahl, als mich der Situation zu stellen und nach einem Weg zu suchen, die riesige Aufgabe zu bewältigen“, blickt Boekels auf den Beginn seiner Pfarrer-Laufbahn zurück. Der Weg, den er fand, hält er für den Königsweg, um Kirchgemeinden am Leben zu erhalten, und würde ihn immer wieder so gehen. Boekels einfache Formel lautet: Anstatt wie ein ’Herr Pfarrer’ alle Fäden selbst in der Hand zu halten und dabei aber nur wenig zu schaffen, solle man andere Menschen dazu inspirieren, ihre Talente zu entdecken und die Fäden selbst in die Hand zu nehmen.

 

„Und ich glaube, das ist mir auch gelungen. Zum Glück, denn anders wäre vieles von dem so Erreichten nicht möglich gewesen und ich wäre nicht ohne Burnout, wie mancher Pfarrer-Kollege, davongekommen“, sagt Boekels.

Die Liste der verwirklichten Projekte ist lang und hat Boekels den Ruf eines Mannes eingebracht, der sich um alles kümmert, sich mit kirchlicher und weltlicher Geschichte sowie baulichen Dingen bestens auskennt und wahrscheinlich nie schläft, weil er das sonst alles gar nicht schaffen könnte. „Aber das stimmt nicht. Wäre es so, wäre es ein zweifelhaftes Lob, weil ja nicht ich das alles gemacht habe, sondern die Leute selbst. Meine Aufgabe war immer die, Impulse zu geben, Menschen und ihre Begabungen zu suchen und anzusprechen und sie dann zu begleiten“, wehrt er bescheiden ab.

Sein Talent, Impulsgeber und Koordinator zu sein, gehört zu den Dingen, die er in seinen Petkuser Jahren erstaunt bei sich selbst entdeckte. Auch die Fähigkeit, sich wie ein Ingenieur und Architekt in bauliche Zusammenhänge einzuarbeiten, ist eine erst in dieser Zeit von ihm an sich selbst entdeckte Begabung.

 

Ein ’Herr Pfarrer’ zu sein, der zwar das Oberhaupt der Gemeinde ist, aber von den normalen Dingen des Lebens wenig Ahnung hat, war das, was Boekels nie wollte. Mit drei Geschwistern wuchs Boekels im Ostwestfälischen Bad Oeynhausen als Sohn einer Ärztin und eines Fabrikanten auf. „Obwohl meine Mutter evangelisch war, konvertierte sie, um meinen katholischen Vater heiraten zu dürfen“, war eine der ersten kirchenkritischen Beobachtungen des katholisch erzogenen Knaben.

 

Nach mehreren Jahren in einem Marienschwestern-Internat und einem Jesuiten-Seminar wurde ihm das Korsett obrigkeitsorientierter Kirchenstrukturen zu eng. „Die typische Reaktion eines Pubertierenden“, blickt Boekels zurück. Was blieb, war die Faszination an der Geschichte der Religionen, so dass er mit 18 seinen Heimatort verließ, um in Berlin deren Geschichte zu studieren.

 

Über seine Begeisterung zur Freikirche besann er sich, inzwischen promovierter Kirchenhistoriker, auf seine religiösen Wurzeln und studierte Theologie. „Irgendwann wurde mir auch die Freikirche zu eng, aber ich hatte erkannt, dass der Glaube und Gott etwas viel, viel Größeres sind und dass die Bibel nicht einfach vom Himmel gefallen ist, sondern ein geschichtlicher und immer auch ein kreativer Prozess war und ist“, fasst Boekels zusammen.

Bei der Suche nach einem Platz für das Pfarrer-Praktikum, das Vikariat, entschied er sich für Belzig, weil ihn die Menschen im Osten interessierten und ihm der Ort gefiel. Im anschließenden sogenannten Entsendungsdienst, wurde der Späteinsteiger und Jungpfarrer nach Petkus versetzt, wo er sich von Null auf 100 um 13 Kirchen und 16 Dörfer zu kümmern hatte. Als ein halbes Jahr später Dahmes Pfarramt vakant war, kamen noch einmal fünf Orte hinzu. Auch wenn in der öffentlichen Wahrnehmung die zahlreichen Kirchen- und Orgelsanierungen im Vordergrund standen, war die seelsorgerische Arbeit für Boekels immer die wichtigere. Auch hier verstand er sich immer als Gebender und als Nehmender zugleich und schwärmt von den vielen menschlichen Begegnungen.

 

Die letzte Etappe in Petkus ist nun das Malern der bereits leergeräumten Dienstwohnung, was Boekels selbst bewerkstelligt. „So wie ich sie gerne selbst übernehmen würde, möchte ich sie meinem Nachfolger hinterlassen.“ Dass die junge Bewerberin für die Stelle die richtige ist, davon ist er nach einem ausführlichen Gespräch überzeugt.

 

Die ihm lieb und vertraut gewordene Region zu verlassen fällt Boekels nicht leicht. Doch ohne den Altpfarrer in Rufweite fällt es allen Beteiligten am leichtesten, sich gemeinsam auf Neues einzulassen, ist er überzeugt. Er selbst kehrt zurück zu seinen Wurzeln, Bad Oeynhausen, und ist gespannt, welche Herausforderungen dort auf ihn warten.



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